Wenn Bäume ja Blätter haben, um Photosynthese zu betreiben und dann von dieser Energie leben - nachts wenn es kein Licht gibt - wovon leben sie dann eigentlich im Winter ganz ohne Blätter?
Kann ich mir da was abschauen und es auch für mich nutzen? Im Sommer und Herbst alles aufsaugen, Kraft tanken und im Winter davon leben? Und die Zeit der Ruhe nutzen - für was eigentlich?
Im Leben der Bauern, wie es mir meine Oma erzählte, war der Winter dafür da, sich Geschichten zu erzählen und von den Alten zu lernen, weil alle in der Stube saßen, dem einzigen Raum, der beheizt war. Und es wurden Schuhe repariert oder Kleider geflickt, neue Socken gestrickt oder Werkzeuge geölt. Also auch das vergangene Jahr verarbeitet und das neue vorbereitet. Und doch, so wie es meine Oma auch noch vorlebte in unserem Mehrgenerationenhaus, hat sie es bis zum Lebensende beibehalten, den Winter über zu handarbeiten und still zu sein.
Ob sie das besonders genossen hat, so wie es die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei den Klosterseminaren tun - ich weiß es nicht. Die Oma kannte es eben einfach nicht anders und hat auch im hohen Alter kaum ferngesehen, sondern lieber gelesen oder gekocht, gebacken und war im Haus tätig. Der Garten hatte sie den Rest des Jahres genug draußen gehalten.
Ich bin auch gern im Winter an den langen Abenden daheim und genieße mein Atelier. Zeichnen und schreiben, malen und schmieden, nähen und lesen - oder auch mal musizieren - die Zeit könnte nicht schöner sein, die Abende scheinen lang, weil es früh dunkel wird, aber dann sind sie doch kurz und ich werde zu müde, um bis tief in die Nacht weiter zu „kruscheln“.
So - "Kruscheln" - nenne ich das absichtsfreie vor mich hin basteln, schreiben, nähen, malen zeichnen und stöbern in den bisherigen Arbeiten. Ich weiß vorher nicht, ob nachher was raus kommt, das bleibt. Diese Zeiten liebe ich seeeehr. Ich bin ganz bei mir und ich bin tief in mir glücklich und zufrieden.
Das „Schaffen“ das „Tun“ sind, was mich freut - und dann Sitzen und Schauen. Betrachten, ob und wie es weiter geht.
Von diesen Momenten leben auch die Seminare. Wir meditieren, schalten das Gedankenkarusell ab und genießen das pure Sein im Atem. Daraus gehen wir über ins Sehen und Zeichnen und bleiben genauso absichtsfrei.
Ok, da war ja noch eine Frage am Anfang zu den Bäumen im Winter:Sie leben vom eingelagerter Stärke. Das ist doch sehr toll! Das möchte ich lernen - Stärke! Sammeln! Bevorraten! Davon leben! Und was ich den Bäumen im Winter abschauen kann, ist aus der eigenen gesammelten Stärke leben.
