Gastbeitrag von Barbara: Gut genug....
- Brigitte Schneider
- vor 4 Tagen
- 2 Min. Lesezeit
Ich bin gut genug!
Freudig betrachte ich das riesengroße Blatt Packpapier, das größer als mein normaler Zeichenblock ist. Keine Spur von Angst vor der Leere, die es zu befüllen gilt. Ich bin wohl im Volksschulalter und begeistert vom Religionsbuch meiner älteren Schwester. Die bunten Bilder darin gefallen mir sehr und genauso wollte ich auch zeichnen und malen. Ich habe keine Zweifel, dass ich das nicht könnte und mache mich ans Werk. Zahlreiche Heilige und Engel bevölkern das Blatt, das ich voll Stolz meiner Mutter schenke.
Viele Jahre später, als ich schon lange meinen eigenen Weg gegangen bin, zeigt sie mir dieses Blatt, sorgfältig zusammengerollt lag es sicher verwahrt in ihrem Kleiderschrank.
Es erfüllte mich mit Freude, dass sie das Bild noch hatte, gleichzeitig schämte ich mich ein wenig, einerseits dass ich Heilige und Engel gemalt hatte und andererseits, dass ich an mich geglaubt hatte.
Diese Geschichte und meine kindliche Überzeugung, dass ich alles kann und mir die Welt offensteht, fiel mir wieder ein, als ich ein Buch über Erika Freeman las: „… part of creativity is to do the damn thing. Es gibt kein nicht gut genug. Ein Baby ist ein Baby. Vielleicht würde es ein da Vinci, aber bis dahin ist es ein Baby, ein wundervolles Baby… And forget about people’s opinions.“ (aus: Dirk Stermann, Mir geht’s gut, wenn nicht heute, dann morgen. 2023)
Zeichnen und Malen haben mich lange begleitet, es wurde aber immer weniger. Ganz schlimm wurde es, als ich mit 48 Jahren begann, Kunstgeschichte zu studieren. Bewunderung und Respekt vor den großen Meistern ließ meinen Bleistift verstummen. Das würde ich nie können!
Doch das Leben hat Geschenke für uns parat, man muss sie nur erkennen. So ein Geschenk war eine Entdeckung im Kloster Michaelbeuren. Unter den ausgeschriebenen Seminaren war „Mediation und Zeichnen“.
Das hat mich sofort neugierig gemacht. Seit meinem ersten Seminar bei Brigitte bin ich nun immer wieder dabei und ich bin wieder kreativ, wann immer es möglich ist. Auch weil die Meditation den inneren Raum schafft, um in Ruhe zu zeichnen.
Ich bin keine große Meisterin, aber ich bin gut genug. Und Engel begleiten mich immer noch.
Barbara


