Was ist es, dass das Schweigen so besonders macht?
Warum ist es für manche so schwer und andere erfüllt es mit Erleichterung?
Und gibt es eine immer wiederkehrende Erfahrung, die berichtet wird in den Seminaren, bei denen es auch einen Schweigetag gibt?
Solche und ähnliche Fragen kommen mir entgegen, wenn ich berichte, dass es durchaus Tage des Schweigens bei längeren Kursen gibt - also wenn wir 4 oder 5 Tage zusammen sind.
Das Besondere am Schweigen in einer Gruppe während eines Seminars ist, dass wir uns auch ohne Worte freundlich begegnen und begrüßen oder Essen am Tisch anreichen - und somit eine andere Art der Kommunikation üben als über Worte.
Wenn wir voneinander wissen, dass wir schweigen ist es auch nicht verwunderlich, so still miteinander umzugehen.
Besonders ist dann auch, dass wir als Gruppe zusammen sind und dennoch sehr auf uns jeweils selbst konzentriert. Wir geben uns den Schutzraum, still zu sein und achten aufeinander, ohne reden zu müssen.
Und dann geschieht es:
Wir sind nochmal viel sensibler miteinander im Umgang, achten auf Augenkontakt und Mimik und es ist jedesmal in den Gruppen so, dass nach dem Schweigen die Gruppe eine andere ist und anders miteinander umgeht als vorher.
Warum es für manche schwerer ist als für andere liegt natürlich an unterschiedlichen Faktoren.
Es kann sein, jemand lebt allein und ist froh, nun mal unter Menschen zu sein, mit denen er oder sie reden kann. Kann aber auch sein, dass Schweigen mit schlechten Erinnerungen gekoppelt ist und man Erfahrungen von Ignoranz und Strafe erlebt hat, wenn man von jemanden angeschwiegen wurde - und diese Erinnerungen will man nicht erneut erleben.
Oder es ist viel los im Kopf, man sucht Austausch, um sich selbst zu sortieren genauso wie andere reden, um von sich selbst abzulenken.
Verschiedene Gründe also.
Und es gibt dann die, die eine Gruppe mit ihrem befreiten Schweigen voll Freundlichkeit und Freude mit tragen. Die, die schon kennen, wie befreiend es sein kann, keine Stimmen reden zu hören oder auch selbst ohne Worte auskommen zu dürfen. Die, die vielleicht schon andere Schweigeseminare sogar über mehrere Tage erlebt haben, die sind dann schon erfahren und können durchaus die anderen durch ihr konsequentes Schweigen stärken, es selbst auch zu tun.
Und dann sind da die Erfahrungen, die so oder ähnlich immer wieder berichtet werden, nachdem wir wieder mit dem Schweigen enden:
"Ich komme viel besser aus dieser Ruhe ins Meditieren und ins Zeichnen." "Ich habe gemerkt, wie viel weniger ich essen, wenn ich nicht rede und nur auf mich konzentriert bin." "Ich spüre keine Zeit mehr und bin völlig vertieft beim Zeichnen."
So oder fast so kommen dann Beschreibungen.
Es ist bei den Seminaren möglich einen Schweigetag einzulegen, bei denen ich erst ein oder zwei Tage Zeit habe, zu erklären und anzuleiten und bei denen wir auch mit lustigen Zeichnen-Spielen das Gruppenerleben stärken können.
Und nach dem Schweigen ist es anders als vorher.
Du spürst in dich selbst hinein, kommentierst nicht jede deiner Handlungen mit Worten, sondern handelst achtsam mit dir selbst in Kontakt. Ablenkungen wie Handy oder Fernsehen bleiben ja auf Seminaren ohnehin aus, also kannst du tatsächlich mit dir selbst in Kontakt sein und spürst, was du brauchst.
Die Bilder werden auch stiller. Gerade weil jede und jeder auf sich selbst konzentriert ist, entstehen genau dann auch oft Zeichnungen, die viel Aufmerksamkeit und Zeit spüren lassen, wenn man sieht wie detailliert viel Striche gesetzt sind oder wie einfühlsam die Schraffur von hell zu dunkel verläuft.
Ein Erfahrung jedenfalls, die im Alltag manchmal schwierig möglich ist, wenn man nicht unbedingt Menschen um sich hat, mit denen man in vertrauensvoller Atmosphäre schweigen kann. Und Sprache und Klang der Stimme ist natürlich, ist Austausch und ist menschlich - das alles merkt man dann eben auch wieder.
Comments